Jeder zweite Schweizer startet mit Angstgefühlen ins Arbeitsleben zurück
Sommerurlaub sollte eigentlich eine Zeit der Entspannung sein – eine Chance, wirklich abzuschalten, neue Energie zu tanken und motiviert an die Arbeit zurückzukehren. Doch eine aktuelle Studie der Personalberatung Robert Walters unter Schweizer Fachkräften zeigt, dass die Rückkehr ins Büro für viele mit Stress, Angstgefühlen und sogar Schuldgefühlen verbunden ist. Das wirkt sich nicht nur auf das Wohlbefinden, sondern auch auf die Produktivität aus.
Urlaub vorbei, Stress beginnt
Die Befragung zeigt, dass sich mehr als die Hälfte der Schweizer Berufstätigen (53 %) gestresst oder ängstlich fühlt, wenn sie an die Rückkehr nach dem Sommerurlaub denken. Bemerkenswert ist, dass sich 29 % sogar „sehr ängstlich“ fühlen.
Özlem Simsek, Managing Director bei Robert Walters, betont:
„Der Jahresurlaub soll den Fachkräften eine dringend benötigte Pause ermöglichen und sie neu aufladen – er sollte nicht mehr Stress verursachen als vor dem Urlaub.“
Übervolle Inbox als Hauptauslöser
Der grösste Stressfaktor für Schweizer Arbeitnehmer bei oder nach der Rückkehr aus dem Urlaub ist eindeutig die überquellende E-Mail-Inbox: Mehr als die Hälfte (55 %) nennt dies als ihre größte Spannungsquelle. Weitere Stressoren sind die Angst, im Rückstand zu sein (18 %), Probleme bei der Übergabe oder unerledigter Aufgaben (18 %) sowie das Verpassen wichtiger Updates (9 %).
Der Stress ist so stark, dass viele Fachkräfte während des Urlaubs „Feuerwehrmassnahmen“ ergreifen: 66 % der Befragten lesen ihre geschäftlichen E-Mails, um Rückstände zu vermeiden oder dringende Themen im Blick zu behalten.
„Dank moderner Tools sind wir heute jederzeit und überall erreichbar, was einerseits Flexibilität und Freiheit bietet. Andererseits erzeugt diese ständige Erreichbarkeit auch Druck: Viele fühlen sich selbst im Urlaub gezwungen, regelmässig nach dem Rechten zu sehen“, erklärt Özlem.
Schuldgefühle halten Arbeitnehmer vom Urlaub ab
Um den Stress zu reduzieren, kontrollieren die Mitarbeitenden nicht nur ihre E-Mails – sie verschieben ihre Urlaubstage sogar. Ganze 71 % geben an, ihre freien Tage oft oder gelegentlich aus Schuldgefühlen oder wegen anhaltendem Arbeitsdruck hinauszuzögern. Damit liegt die Schweiz im internationalen Vergleich an der Spitze.
Wenn Mitarbeitende sich schuldig fühlen, Urlaub zu nehmen, weist das oft auf eine problematische Unternehmenskultur hin.
„Führungskräfte sollten klarstellen, dass Erholung keine Schwäche ist, sondern eine Voraussetzung für langfristige Leistungsfähigkeit.“
Betriebsferien: Lösung oder zusätzlicher Stress?
Kollektive Betriebsferien könnten helfen, den Stress nach dem Urlaub zu reduzieren, da alle gleichzeitig freinehmen und so das Gefühl von Rückstand oder „FOMO“ (Fear of Missing Out) entfällt.
Bei Schweizer Fachkräften hält sich die Begeisterung jedoch in Grenzen: Nur 10 % befürworten eine kollektive Schliessung, während 32 % die persönliche Flexibilität bevorzugen, selbst über den Urlaubszeitpunkt zu entscheiden.
Auffällig ist jedoch, dass 39 % angeben, dass es ihnen leichter fällt, abzuschalten, wenn auch das gesamte Team im Urlaub ist. Trotzdem möchten sie ungern ein Stück Freiheit gegen eine gemeinsame Zwangspause eintauschen.
Ein europäisches Phänomen
Die Schweiz ist nicht das einzige Land, das mit Urlaubsstress zu kämpfen hat, doch die Unterschiede sind interessant.
In Belgien fühlen sich 47 % angespannt bei der Rückkehr aus dem Urlaub. 56 % verschieben ihre freien Tage aus Schuldgefühlen, und 65 % lesen ihre geschäftlichen E-Mails während des Urlaubs.
In Spanien und Frankreich liegen die Stresswerte noch höher: 63 % bzw. 64 % fühlen sich nach dem Urlaub nervös. Besonders in Frankreich sind kollektive Sommerferien beliebt: 60 % geben an, dadurch besser abschalten zu können, verglichen mit nur 20 % in Spanien.
Im Vereinigten Königreich sind die Zahlen am extremsten: 78 % empfinden Angst und Stress nach der Rückkehr aus dem Urlaub, und mehr als die Hälfte liest regelmässig E-Mails während der Ferien.
Die richtige Unternehmenskultur schaffen
Die Studienergebnisse zeigen, dass Urlaub längst nicht immer mit echter Erholung gleichzusetzen ist. Überfüllte Inboxes, ständige Erreichbarkeit und unklare Übergaben verhindern, dass Mitarbeitende ihre freie Zeit voll auskosten oder sie überhaupt nehmen.
„Es gibt keine Einheitslösung“, so Özlem. „Wichtiger ist es, eine Unternehmenskultur zu etablieren, die echtes Abschalten fördert – unabhängig davon, ob kollektiv oder individuell Urlaub genommen wird.“
Beispiele dafür:
- Klare Übergaben vor dem Urlaub.
- Respekt vor Abwesenheitsnotizen.
- Realistische Erwartungen an die Erreichbarkeit.
- Offene Kommunikation über Urlaub ohne Schuldgefühle.
Nur so können Fachkräfte wirklich auftanken und Unternehmen nach dem Sommer auf ein frisches, motiviertes und produktives Team zählen.
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Özlem Simsek
Managing Director | Robert Walters SchweizDas könnte Sie ebenfalls interessieren
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